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UNIQA Studie: Wann die Österreicher:innen (finanziell) erwachsen sind

22.10.2024 4 Minuten Lesezeit

Erwachsene müssen ihren eigenen Weg finden und Verantwortung für sich selbst und ihre finanzielle Zukunft übernehmen. Mangelnde Finanzkompetenz, Teuerung und ein unbeständiges Zinsumfeld stellen jedoch viele vor Herausforderungen. Die stetig wachsende Pensionslücke macht individuelle Pensionsvorsorge aber bereits für junge Menschen zur Notwendigkeit.

Welche Einstellungen, Maßnahmen und Barrieren gibt es in Österreich zum Thema finanzielle Vorsorge? Dies wurde in der UNIQA Finanzvorsorge-Studie 2024 heuer zum vierten Mal abgefragt. In der für Österreich repräsentativen Studie, durchgeführt vom Marktforschungsinstitut Reppublika Research & Analytics, wurden 3.207 Personen zwischen 16 und 60 Jahren sowie zusätzliche 220 Personen im Alter von 18 bis 29 Jahren befragt (Zeitraum: 26.04.-03.06.2024).

Wie steht es um die finanzielle Gesundheit der jungen Erwachsenen in Österreich? Wie geht es ihnen im Umgang mit finanziellen Verantwortungen und können sie sich ihren eigenen Lebensweg selbstständig finanzieren? 2024 lag ein besonderer Fokus auf dem Thema „Erwachsen werden“ in Verbindung mit finanzieller Verantwortung und Vorsorge sowie auf der Zielgruppe der jungen Erwachsenen 18- bis 29-Jährigen. Dabei wurden auch Veränderungen im Vergleich zu den Jahren 2021-2023 analysiert.

„Finanziell erwachsen“ ist, wer keine Zuschüsse der Familie benötigt.

Mit 18 Jahren wird man in Österreich volljährig, aber wann fühlen sich die Österreicher:innen tatsächlich erwachsen? Knapp die Hälfte der jungen Menschen im Alter von 18 bis 29 Jahren sagt von sich selbst, wenn man finanziell eigenständig oder aus dem Elternhaus ausgezogen ist. Ein gutes Drittel gibt den Berufseinstieg an, ein Fünftel nennt ein eigenes Haus bzw. eine Eigentumswohnung als Meilenstein. Eine Eheschließung gehört hingegen nur für einen von zehn jungen Menschen dazu. Unabhängig von ihrem Alter, sind für Frauen, die erste Wohnung (53 % vs. Männer 43 %) und finanzielle Eigenständigkeit noch wesentlicher für das Erwachsenwerden als für Männer (Frauen 47 %, Männer 42 %).

Für mehr als zwei Drittel der in Österreich lebenden Menschen gelten junge Menschen auch in finanzieller Hinsicht als erwachsen, wenn das eigenständige Finanzieren von Wohnen, Lebensmitteln, Mobilität und weiteren (Fix-)Ausgaben ohne regelmäßige finanzielle Zuschüsse von Eltern oder anderen Personen möglich ist. Dieser Aspekt ist Frauen besonders wichtig: Fast drei Viertel stimmen dem zu, während bei den befragten Männern nur weniger als zwei Drittel dieser Meinung sind. Hingegen ist für fast die Hälfte der Männer eine Vollzeitbeschäftigung eines der wesentlichsten Anzeichen für finanzielle Selbstständigkeit, aber nur für ein Drittel der Frauen. Sie legen wiederum mehr Wert darauf, sich nicht für Freizeitgüter (wie z.B. Kleidung, Elektronik oder Reisen) zu verschulden (Frauen 47 %, Männer 42 %). 

 

Junge Erwachsene haben ihr Leben vor sich, ihnen steht die Welt offen – und sie müssen und sollen ihren eigenen Weg finden. Und unabhängig davon, wann sich junge Menschen tatsächlich als erwachsen fühlen: Je früher man Verantwortung für seine finanzielle Zukunft übernimmt, desto besser! Dafür möchten wir frühzeitig das Bewusstsein wecken, ermutigen und auch dabei unterstützen“, betont René Knapp, UNIQA Vorstand für Personenversicherung, bei der Präsentation der jährlichen Studie. 

René Knapp

René Knapp

 

 

Unsicherheit bei der Bewertung von Finanzangeboten

Drei Viertel der 18- bis 29-Jährigen beziehen ein Einkommen aus einer beruflichen Tätigkeit, 20 %  werden regelmäßig von ihren Eltern finanziell unterstützt. Vier von zehn junge Erwachsene geben an, sich ihr Leben nach eigener Einschätzung komplett selbst finanzieren zu können. Ein weiteres Drittel sagt, sich das eigene Leben zum Großteil selbst finanzieren zu können. Nur knapp ein Zehntel der Befragten in der jungen Altersgruppe kann sich das Leben gar nicht selbst finanzieren, ein Fünftel gibt an, dass dies nur zum Teil möglich ist. 

Knapp zwei Drittel der befragten jungen Erwachsenen fühlen sich (sehr) sicher beim Überblick über die eigenen Finanzen und bei der zeitgerechten Begleichung von notwendigen Zahlungen. Beides gilt insbesondere für junge Frauen, sieben von zehn Befragte geben dies an (vs. 6 von 10 Männer). Wenn es um das Beurteilen und Vergleichen von Finanzangeboten geht, sinkt der Wert jedoch auf ca. ein Drittel – hier fühlen sich junge Männer (39 %) sicherer als junge Frauen (30 %).

Junge träumen von schuldenfreiem Leben und Geld für die Familie statt Luxus-Artikeln

Die drei größten Wünsche der befragten 16- bis 60-Jährigen für die Zukunft, was Materielles oder Finanzielles betrifft, sind ein schuldenfreies Leben (50 %), den aktuellen Lebensstandard halten zu können (43 %) und viele Urlaube bzw. Reisen unternehmen zu können (35 %).

Auch bei jungen Erwachsenen steht das schuldenfreie Leben auf Platz 1 (43 %). Überdurchschnittlich häufig wünschen sie sich aber auch genügend Geld, um die Familie unterstützen zu können (36 %). Urlaube und Reisen stehen ebenfalls hoch im Kurs (35 %) und ein eigenes Haus mit Garten im Grünen (34 %). Nur knapp eine von zehn jungen Personen wünscht sich Luxusartikel wie etwa Luxus-Kleidung oder -Accessoires oder teuren Schmuck, junge Frauen sogar tendenziell noch weniger (7 % vs. 10 % der jungen Männer).

 

Finanzielle Vorsorge im Aufwind: Bewusstseinsbildung zeigt Wirkung

Finanzielle Vorsorge wird 2024 weiterhin als sehr wesentlich erachtet. Diese ist – wie auch schon 2023 – sieben von zehn der 16- bis 60-Jährigen wichtig. Vier von Zehn haben sich auch schon intensiv mit der eigenen finanziellen Vorsorge beschäftigt. Im Vergleich zum Vorjahr gibt es einen sichtbaren Anstieg, der sich sowohl unter Männern als auch unter Frauen und auch in der jungen Zielgruppe widerspiegelt, wobei Männer angeben, sich schon intensiver mit dem Thema beschäftigt zu haben als Frauen. 

Der Anteil der Personen, die bereits konkrete Maßnahmen für ihre eigene finanzielle Vorsorge getroffen haben, ist ebenfalls leicht gestiegen (von 37 % auf 40 %), insbesondere unter Männern (von 40 % auf 45 %). Noch immer geben über ein Viertel (29 %) der befragten Personen an, über zu wenig Geld für finanzielle Vorsorge zu verfügen. Dieser Wert ist aber tendenziell sinkend (2024: 34 %). Obwohl sich diese Tendenz sowohl unter Männern als auch unter Frauen zeigt, geben Frauen signifikant häufiger an, zu wenig Geld für finanzielle Vorsorge zu haben (34 % vs. Männer 25 %). 

 

"Die Studie zeigt deutlich, dass Frauen im Bereich der Finanzvorsorge vor besonderen Herausforderungen stehen. Der Umstand, dass Frauen häufiger angeben, nicht ausreichend vorsorgen zu können, ist eng mit der bestehenden Einkommensungleichheit verknüpft. Das durchschnittlich geringere Einkommen von Frauen im Vergleich zu Männern führt zwangsläufig zu einem kleineren finanziellen Spielraum für langfristige Vorsorge. Dies unterstreicht die Notwendigkeit, sowohl die Lohnschere zu schließen als auch gezielte finanzielle Bildungsmaßnahmen für Frauen zu fördern, um ihre Möglichkeiten zur Altersvorsorge zu verbessern“, interpretiert Univ. Prof. Bettina Fuhrmann, Leiterin des Instituts für Wirtschaftspädagogik und des Zentrums für Finanzbildung an der Wirtschaftsuniversität Wien, die Ergebnisse. 

Bettina Fuhrmann

Bettina Fuhrmann

 

Männer schätzen eigenes Finanzwissen deutlich höher ein als Frauen

Nur etwa ein Viertel der Österreicher:innen aller Altersgruppen schätzt das eigene Wissen zu Finanz- bzw. Veranlagungsthemen als (eher) hoch ein. Der Anteil ist im Vergleich zum Vorjahr leicht gestiegen, wobei der Anstieg vor allem auf Männer zurückgeht. Mehr als doppelt so viele Männer (32 %) wie Frauen (15 %) schätzen ihr Wissen nämlich als (eher) hoch ein. Umgekehrt bewerten 35 % der Frauen, aber nur 22 % der Männer ihr Wissen als (eher) niedrig.

Wir sehen, dass die Bewusstseinsbildung der letzten Jahre wirkt, wenn auch nicht von heute auf morgen. Darum sind die Initiativen der öffentlichen Hand, im Schulsystem und nicht zuletzt die Beiträge der Finanzwirtschaft so wichtig und müssen intensiv fortgeführt werden.

René Knapp, UNIQA Vorstand für Personenversicherung